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Rennrad Alpendurchquerung Teil 3/3 Brig - Nizza,
04-08.08.2018

(665,9 km / 13.106 Hm / 5 Etappen / 13 Pässe)

Am 04.08 hieß es auf nach Brig (Schweiz) um die übrigen 666 Kilometer und 13.106 Hm bis nach Nizza in Angriff zu nehmen. Auf dem Plan standen einige Pässe-Highlights, wie der Col de I'Iseran, der Col du Galibier, der Col d'Izoard und der Col de la Bonette, die man auch immer wieder auf dem Tourplan der Tour de France findet. Dementsprechend gespannt war ich, was auf mich zukommt. Mein Rückflug von Nizza nach München hatte ich auf den 10.08 gebucht und die Wetterprognose für die kommenden Tage war super - es war also genügend Zeit um Nizza zu erreichen.

Etappe 9: Brig - Aosta

168,8 km, 2.909 Hm, Brig - Martigny - Col de Champex - Orsieres - Col du Grand Saint Bernard - Aosta

Bereits um 3:30 Uhr klingelte an diesem Morgen der Wecker. Zum Glück hatte sich mein lieber Vereinskollege Rudolf Badstuber bereit erklärt, mich nach Brig zu fahren - vielen Dank Rudi. Nach 5 Stunden Autofahrt ging es bei hochsommerlichen Temperaturen am Bahnhof von Brig aufs Fahrrad. Die ersten 80 km waren überwiegend flach und gemütlich zu fahren. Nach einem kurzen Mittagessen in Martigny ging es dann bergauf zum Col de Champex. Der Pass begann sehr steil und ich tat mir richtig schwer. Mittlerweile hatte es auch schon 34 Grad und die Luft stand. Es dauerte keine 20 Minuten bis meine gerade gefüllten Getränkeflaschen leer waren. Etwas dehydriert kam ich oben an. Erfreulicherweise befand sich auf Passhöhe ein Kiosk und ich konnte mein Flüssigkeitsdefizit etwas ausgleichen. Mit vollen Getränkeflaschen ging es dann 10 km bergab nach Orsieres wo der nächste Pass begann. Der Col du Grand Saint Bernard war nicht besonders steil und glich einer Autobahn. Breite, teilweisen zweispurige Straßen und starker Verkehr. Der hässlichste Pass den ich bis dato gesehen hatte. Erst nach 20 km, auf ca. 1900 m Höhe, trennte ein Tunnel den Fernverkehr von den Genussfahrern, so dass die Berge und die Natur wieder etwas in den Vordergrund rückten. Leider waren meine Getränkeflaschen an dieser Stelle schon wieder leer und auch die Müdigkeit machte mir langsam zu schaffen. Der restliche Weg bis zur 2473 m gelegenen Passhöhe war so eine richtige Quälerei. Nach einer schnellen Abfahrt nach Aosta war um 21 Uhr dann Schluss. An diesem Tag saß ich ca. 8 Stunden auf dem Rad und trank 15 l Wasser - unfassbar.


Etappe 10: Aosta - Val d'Isere

92,9 km, 2.588 Hm, Aosta - La Thuile - Col du Petit St. Bernard - Ste. Foy-Tarentaise - Val d'Isere

Der gestrige Tag hatte seine Spuren hinterlassen. Etwas müde machte ich mich bei leicht bewölktem Wetter erst um 10 Uhr auf den Weg in Richtung La Thuile. Gleich von Anfang an ging es stetig leicht bergauf. Durch die interessante Bergwelt, die sich mir bot, war das aber kaum zu spüren. Nach circa 30 km hatte ich dann den mit 4810 m hohen Mont Blanc vor Gesicht. Ein gewaltiger Anblick. Leider hatte sich die Spitze hinter den Wolken versteckt. Eine kurze Pause für ein Foto war aber trotzdem angebracht. Danach wurde es steiler. Es ging rauf zum Col du Petit St. Bernard. Anders als sein großer Bruder vom Vortag war der Pass jedoch sehr angenehm zu fahren. Kaum Verkehr und keine Autobahnen. Nach 4 Stunden kam ich oben an und freute mich, dass es nach den 55 km bergauf jetzt endlich bergab ging. Während der Abfahrt nach Ste. Foy-Tarentaise begann es dann zu regnen. Auch die Müdigkeit machte sich mehr und mehr bemerkbar. Ich musste unbedingt etwas ausruhen. Bei einer kurzen Cafe/Kuchen Pause entschied ich mich dazu, lediglich noch die ca. 900 Hm bis nach Val d'Isere zu fahren. Der bevorstehende Col de I'Iseran war heute nicht mehr drin. In dem sehr schönen Hotel "Avancher" ließ ich den Tag mit einem grandiosen Abendessen ausklingen und hatte sogar noch etwas Zeit den exklusiven Skiort etwas anzuschauen.


Etappe 11: Val d'Isere - Valloire

105,7 km, 2.025 Hm, Val d'Isere - Col de I'Iseran - Col de la Madelaine - Lanslebourg - Mondane - Col du Teleraphe - Valloire

Völlig ausgeruht radelte ich an diesem Morgen los. Die Vorfreude war groß, denn ich hatte den mit 2770 m höchsten Pass der Alpen vor mir. Da Val d'Isere bereits auf 1785 m liegt war der Weg zum Col de I'Iseran relativ human. Bei sonnigen Wetter kam ich schon nach 60 Minuten oben an und konnte die Aussicht genießen. Einfach super! Die folgende 15 km lange steile Abfahrt hatte es dann in sich. Geblendet von der schönen Bergwelt unterschätzte ich eine scharfe Kurve und kam bei blockierendem Hinterrad nur haarscharf mit dem Schrecken davon. Das Herz viel mir in die Hose. Glück gehabt! Mit etwas mehr Konzentration ging es weiter. Die anschließenden 60 km waren leicht abfallenden und dadurch sehr einfach und gemütlich zu fahren. Lediglich der zunehmend stärker werdende Wind, der einige Wolken mit sich brachte, trübte meine Stimmung etwas. Erwartungsgemäß begann es noch vor der Auffahrt zum Col du Telegraphe etwas zu regnen. Kein Grund nicht weiterzufahren! Als ich mich nach ca. 400 Hm in mitten einem heftigen Gewitter wieder fand bereute ich diese Entscheidung jedoch. Blitz und Donner gingen fast einher und weit und breit war keine Möglichkeit zum Unterstellen zu sehen. Mit bangem Gefühl brachte ich den Pass so schnell als möglich hinter mich. Glücklich in Valloire angekommen war keine Besserung in Sicht. Eigentlich sollte es an diesem Tag bis nach Briancon gehen, der anstehende Col du Galibier war bei diesem Wetter aber schlichtweg zu gefährlich. In Valloire war somit Schluss für diesen Tag.


Etappe 12: Valloire - Barcelonnette

153,6 km, 3.771 Hm, Valloire - Col du Galibier - Col du Lautaret - Briancon - Col d'Izoard - Guillestre - Vars - Col de Vars - Jausiers - Barcelonnette

Nach einem ausgiebigen Frühstück saß ich bereits um 8 Uhr fit und hochmotiviert auf meinem Rennrad. Das Wetter war an diesem Tag perfekt - strahlender Sonnenschein - und gleich vorweg, es blieb an diesem Tag auch so. Die Etappe begann mit der Auffahrt zum Col du Galibier. Der Galibier ist mit 2642 m der fünfthöchste Alpenpass und ein wahrer Radsport-Klassiker. Die Auffahrt war einmalig. Besonders die beeindruckende karge Mondlandschaft im oberen Teil und die Alpenkulisse mit Blick auf den Mont Blanc machten den Pass zu einem landschaftlichen Leckerbissen. Ruck-Zuck war ich oben und merkte, dass es heute läuft. Sofort ging es weiter nach Briancon, um das zweite Highlight an diesem Tag, den Col d'Izoard, zu erklimmen. Auch dieser Pass war eine Augenweide. Im unteren Teil ist man in lichten Kiefernwald unterwegs, weiter oben wartet eine schöne Serpentinenstrecke in toller Felslandschaft. Dazu kommt, dass die verkehrsmäßige Bedeutung des Passes gleich null ist, so dass außer ein paar Motorradfahrer nur Radfahrer zu sehen waren. Die Fahrt verging wie im Fluge. Oben angekommen waren meine Beine immer noch gut in Schuss. Ein weiterer Pass müsste heute schon noch drin sein. Nach dem Auffüllen der Getränke und ein Paar Schnappschüsse ging es also gleich weiter nach Guilesstre, wo der der Col de Vars begann. Nach ca. 1/3 des Passes bemerkte ich ein starkes Hungergefühl. Vor lauter Euphorie hatte ich das Mittagessen vergessen. Zum Glück fand ich gleich eine nette Berghütte. Gestärkt durch eine ordentliche Portion Pasta ging es weiter zur Passhöhe. Oben angekommen verrät mir ein Blick auf den Tourplan, dass ich nun auf dem zweitletzten Pass vor Nizza stand. Nur der Col de la Bonette war noch übrig. Nizza sollte am morgigen Tag leicht zu erreichen sein. Sehr zufrieden fuhr ich in Richtung Barcelonnette, wo ein sensationeller Radtag endete.


Etappe 13: Barcelonnette - Nizza

144,9 km, 1.813 Hm, Barcelonnette - Jausiers - Col de la Bonette - Isola - St. Sauveur sur Tinee - Nizza

Mit etwas schweren Beinen vom Vortag ging es an diesem Morgen auf die Zieletappe. Das Wetter war wieder perfekt, so dass die übrigen 145 km bis Nizza in trockenen Tüchern waren. Wehmütig machte ich mich auf den Weg in Richtung des letzten großen Highlights meiner Alpendurchquerung, den mit 2715 m hohen vierthöchsten Alpenpass Col de la Bonette. Kurz am Rande: Der Col de la Bonette wir oft als höchster Pass der Alpen gehandelt. Sogar lokale Tourismusverbände verleihen ihm diesen Titel. Tatsächlich ist es aber so, dass man die Höhe von 2802 m nur durch eine Zusatzrunde zum Cime de la Bonette erreicht. Der eigentliche Passübergang, also der niedrigste Übergang über die Wasserscheide, liegt darunter. Nichtsdestotrotz war der Pass ein wahrer Genuss. Die Landschaft war wunderschön und der Blick auf die Seealpen und den Mercantour-Nationalpark atemberaubend. Natürlich musste ich auch die Zusatzrunde zum Cime de la Bonette machen. Oben angekommen hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht, denn zwischen mir und Nizza stand jetzt nur noch eine 110 km lange Abfahrt. Ich habe nicht lange gewartet, ich wollte unbedingt ins Meer springen. Nach einer Abfahrt in Rennmanier kam dann der große Moment - das Ortsschild NICE - geschafft.


Die Alpendurchquerung war ein tolles Projekt. Die wunderschöne Bergwelt die ich erleben konnte gepaart mit sportlicher Aktivität und dem ein oder anderen Abenteuer war genau mein Ding. Mit Sicherheit wird dies nicht meine letzte große Tour gewesen sein.

Hier noch ein paar Erfahrungen und eine kleine Statistik:

Hotels: Die Hotelsuche war weitaus schwieriger als gedacht. Da ich überwiegend in der Urlaubszeit unterwegs war und die Hotels fast ausschließlich in den Tälern zu finden waren, war die Auswahl nicht gerade groß. Oft musste ich weiter radeln als gewollt oder ein überteuertes Hotel in Kauf nehmen. Durchschnittlich kostete mich die Übernachtung ca. 120 €, was um einiges teurer als vermutet war.

Trinken: Ich wusste, dass ich einen enormen Flüssigkeitsverlust beim Sport habe. Das logistisches Problem das sich daraus ergab hatte ich allerdings nicht auf dem Schirm. An heißen Tagen hatte ich einen Flüssigkeitsverbrauch von ca. 2 l pro Stunde. Das entsprach nicht einmal dem Inhalt meiner zwei Trinkflaschen. Bei 5-8 Stunden Radfahren am Tag musste ich bis zu 10 Mal anhalten um meine Trinkflaschen aufzufüllen. Zur richtigen Zeit ein Getränkeverkauf zu finden war schwierig, so dass ich teilweise mit Dehydration zu kämpfen hatte.

Wetter und Temperatur: Der Temperaturunterschied von Tal zu Berg war oft sehr groß. 2018, bei meiner ersten Etappe, hatte es in den Tälern bis zu 30 Grad und auf den Pässen nur 2 - 5 Grad. Damit hatte ich nicht gerechnet und musste hin und wieder etwas frieren. 2019 passierte mir das dank Windstopper-Pullover dann nicht mehr.
Ebenfalls etwas unterschätzt hatte ich die Tatsache, dass das Wetter in den Bergen sehr schnell umschlagen kann. Es passierte mir des Öfteren, dass das eben noch sonnige Wetter in Windeseile zum ausgiebigen Regenschauer oder Gewitter wurde. So wurde ich ein paar Mal inmitten einer Passauffahrt überrascht und musste abbrechen und/oder die ein oder Gefahr auf mich nehmen.

Statistik:
Kilometer Gesamt: 1625 km
Höhenmeter Gesamt: 33.530 Hm
Anzahl Pässe: 32
Anzahl Etappen: 13
Durchschnitt Kilometer/Etappe: 125 km
Durchschnitt Höhenmeter/Etappe: 2.579 Hm
Durchschnittsgeschwindigkeit: ca. 21 km/h

Autor: Philipp Pfarherr, Bild und Informationsquelle: www.quaeldich.de

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